Vollzugsfragen bei Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO; Kriterium „nicht des Erwerbs wegen“ im Sinne des § 66 Absatz 2 AO
Mit Urteil vom 27. November 2013, I R 17/12 hat das BFH entschieden, ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb agiere nicht allein deshalb „des Erwerbs wegen“ im Sinne des § 66 Absatz 2 Satz 1 AO, weil er seine Leistungen zu denselben Bedingungen anbiete, wie private gewerbliche Unternehmen. Maßgeblich sei, dass mit dem Betrieb keine Gewinne angestrebt würden, die über seinen konkreten Finanzierungsbedarf hinausgehen. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung ist in Nummer 2 des AEAO zu § 66 AO aufgenommen worden.
Mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums der Finanzen vom 6. Dezember 2017 wird Nummer 2 des AEAO zu § 66 AO wie folgt gefasst:
„Die Wohlfahrtspflege darf nicht des Erwerbs wegen ausgeübt werden. Eine Einrichtung wird dann „des Erwerbs wegen“ betrieben, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs überseigen, die Wohlfahrtspflege mithin in erster Linie auf Mehrung des eigenen Vermögens gerichtet ist. Dabei kann die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – z. B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen (BFH-Urteil vom 27.11.2013, IR 17/12, BStBl 2016 II S. 68), Werden in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, dien den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen, ist widerlegbar (z. B. unbeabsichtigte Gewinne aufgrund von Marktschwankungen ) von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben. Gewinne aufgrund staatlich regulierter Preise (z. B. auf Grundlage einer Gebührenordnung nach Maßgabe des § 90 SGB XI) sind kein Indiz dafür, dass der Zweckbetrieb des Erwerbs wegen ausgeübt wird.
Der konkrete Finanzierungsbedarf im Sinne des Satzes 4 umfasst die Erträge, die für den Betrieb und die Fortführung der Einrichtung(en) der Wohlfahrtspflege notwendig sind und beinhaltet auch die zulässige Rücklagenbildung nach § 62 Absatz 1 Nummern 1 und 2. Zur wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre im Sinne des Satzes 4 gehören
a) Wohlfahrtspflegeeinrichtungen im Sinne des § 66 AO,
b) Zweckbetriebe im Sinne des 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen,
c) Zweckbetriebe im Sinne des § 67 AO sowie
d) Ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des §66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden.“
Die Nichtbeanstandungsregelung, wonach eine Quersubventionierung übriger Zweckbetriebe sowie ideeller Tätigkeiten mit Gewinnen aus dem Bereich der Wohlfahrtspflege in Einzelfällen akzeptiert wurde, wird bis einschließlich zum Veranlagungszeitraum 2016 verlängert.
Nach diesem BMF-Schreiben werden erfreulicherweise die bisher verfügten restriktiven Vorgaben zu Gewinnentstehung und -verwendung weitgehend aufgegeben.